Deine Gesundheit verändert gerade dein Leben. Und: Du bist müde. Unendlich müde. Du hast nur einen Wunsch: Dich zurückzuziehen. Du möchtest eingekuschelt unter deiner Decke liegen und schlafen, einfach nur schlafen.

Dieser Artikel ist für dich, wenn du

  • deswegen ein schlechtes Gewissen hast
  • dich fragst, warum du dermaßen müde bist
  • dich zwingst und diese Müdigkeit ignorierst
  • dir andere sagen, du sollst dich mal zusammennehmen und einfach tun
  • Therapeut*innen sagen, dass du depressiv bist (und du das nicht glaubst)

Trauer macht müde

Dein Leben steht in Teilen oder vollständig auf dem Kopf. Vielleicht musst du in deiner Karriere kürzertreten. Vielleicht kannst du dein Lieblingshobby nicht mehr ausüben oder schaffst es abends nicht mehr zum Fest deiner Freund*innen. Vielleicht kommen Menschen, die dir sehr nahe stehen, nicht klar mit dieser neuen Version von dir oder mit deinen Gefühlen. Vielleicht hast du keine Idee mehr, wer du jetzt sein willst und kannst und wie es weitergeht.

Du bist nicht schlapp, du trauerst

Wenn dein Körper dich vor alle Lebensfragen stellt, dann ist das ein krasser Bruch, ein Einschnitt.

Du trauerst darum, dass das, was bisher so selbstverständlich zu deinem Leben gehört hat, nun verloren ist. Du trauerst um dein altes Leben. Du trauerst um deine Idee davon, wie es in deinem Leben weitergeht und um so einige deiner Ziele und Wünsche. Sicherheiten sind weggebrochen und die Zukunft ist ein Fragezeichen.

Wenn das dich nicht erschöpfen darf, was dann? Ja, Trauer macht müde.

Das ist Trauer, keine Depression!

Als ich 2018 nur noch müde war, haben Hausärzte und selbst Psycholog*innen mir das Label Burn-Out verpasst; ich vermute, weil sie es nicht besser wussten. Fakt ist, dass nur sehr wenige sich wirklich mit dem Thema Trauer auskennen und noch weniger sich mit Trauer bei Verlust von Gesundheit.

Bitte sorge da für dich. Gebe dich nicht mit der ersten Antwort zufrieden. Wenn es sich nicht gut anfühlt, ist es nicht gut für dich!

Frage dich: Kann es sein, dass meine Seele sich jetzt die Ruhe nimmt, die sie braucht? Dass dein ganzer Körper, dein Geist, deine Seele sagen: Nimm dir diese Zeit, wir brauchen das gerade, um all das, was auf uns einprasselt und uns den Boden unter den Füßen wegzieht, ein ganz klein wenig verdauen zu können?

Denn: Deine Müdigkeit kann sehr gut eine gesunde Reaktion darauf sein, dass dein Leben gerade Kopf steht. Dass du so Vieles gerade verlierst. Das nennt sich Trauer, nicht Burn-Out.

Heiße deine Erschöpfung willkommen

Kämpfe nicht gegen deine Erschöpfung an. Deine Seele holt sich gerade, was sie nötig hat – wenn du dagegen ankämpfst, wirst du noch müder.

Du wirst noch erschöpfter sein, wenn du versuchst deiner Erschöpfung die Tür vor der Nase zuzuknallen. Sie bleibt nicht draußen, sie klopft umso lauter an.

  • Mache dir keine Vorwürfe: Du bist nicht schwach. Das ist keine Anstellerei, sondern deine Seele reagiert gesund auf das, was gerade alles in deinem Leben passiert.
  • Tue, was dir jetzt gut tut.
  • Nimm dir Zeit für dich. Besorge dir Hilfe für Dinge, die erledigt werden müssen. Frage um Unterstützung. Deine Seele hat Priorität!

Tipp: Deiner Seele tut grundsätzlich Bewegung sehr gut: Versuche, regelmäßig einen kleinen Spaziergang zu machen an der frischen Luft – Zehn Minuten bewirken oft schon so viel. Und wenn das wirklich nicht geht, dann geht es nicht. Dann mache dir keine Vorwürfe. Du bist klug, nicht faul.

Du denkst, du kannst dich nicht ausruhen?

Glaube mir, ich kenne sie, diese Gedankenantreiber im Kopf: Das muss noch getan werden und jenes. Ein ganzes Leben will neu aufgebaut werden, da kannst du doch nicht hier rumhängen. Und dieses Chaos hier. Ganz viel „ich muss“ und „es geht nicht anders“, die dich abhalten zu tun, was gut für dich ist.

Stopp. Denke daran: Wenn du dagegen ankämpfst, wirst du nur noch erschöpfter.

Frage dich stattdessen:

Was tust du, wenn du mit einer Grippe im Bett liegst und wirklich nichts mehr kannst außer schlafen? Wenn allen deutlich ist: Was auch auf der to-do-Liste steht, es muss warten. (Denn das Blöde ist ja, dass wir bei emotionaler Erschöpfung leicht das Gefühl haben, dass wir uns anstellen, noch mehr, wenn selbst Ärzte sie nicht ernst nehmen und eine Krankmeldung so viel weniger selbstverständlich ist.)

Überlege dir:
Wie organisierst du dann dein Leben? Was hilft dir dann?

Befreiender Tipp: Diese kleine Änderung im Satz hilft dir

Ich verrate dir, welches kleine Wort mir hilft, um mir die Erlaubnis zu geben, mir die Ruhe zu geben, die meine Seele so dringend braucht: Das kleine Wörtchen „momentan

Drei Beispiele mit „momentan“

  • Ich bin momentan nicht fähig, normal zu funktionieren und nehme mir meine Ruhe. („nehme“ nicht brauche: Dann bist du aktiv.)
  • Ich schaffe es momentan nicht zu dieser Veranstaltung zu gehen.
  • Ich kann momentan nicht arbeiten.

Öffnet sich für dich auch etwas durch dieses kleine Wort? Fühlst du auch, dass in dir eine befreiende Idee entsteht: „Momentan nicht, aber das wird schon wieder, wenn ich jetzt liebevoll mit mir umgehe.“?

(Du kannst das natürlich ersetzen durch: gerade, zur Zeit, im Moment)

Nimm dir die Zeit. Für dich. Für deine Seele. Sie braucht das jetzt. Ganz dringend.

Tipp: Wenn es wirklich absolut nicht geht, dass du dir alle Zeit nimmst, die du brauchst, nehme dir so viel wie möglich. Ertappe dich bei deinen Ausreden und kuschele dich ein. Deine Seele hat jetzt Priorität.

Wie lange wird deine Trauer dich müde fühlen lassen?

Das kann ich dir nicht sagen. Das ist so sehr persönlich und hängt auch davon ab, wie groß dein Verlust sich anfühlt, wie sehr er deine Welt auf den Kopf stellt oder wie lange du deine Trauer schon nicht gesehen hast.

Sieh dich. Glaube deinem Bauchgefühl unter Umständen mehr als Diagnosen von außen. Sei stark, auch wenn du dich gerade schwach fühlst und handele für dich und deine Seele.

Kennst du sie, diese Erschöpfung, wenn du gerade viel widerfährt? Wie gehst du damit um?


Disclaimer: Es geh hier um Müdigkeit, die eine ganz normale Reaktion ist, wenn wir trauern. Wenn du nur die leiseste Vermutung hast, dass du eine andere Form von Unterstützung brauchst, weil es sich wirklich um eine Depression handelt, lasse dich beraten. (Dann kann ich dich auch nicht begleiten in deinem Prozess)

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