Inhalt: So kannst du dich auf deinen Arztbesuch vorbereiten. Der extra Tipp erfordert vielleicht etwas Mut, aber lohnt sich!

So viele Jahre lang bin ich „einfach so“ zum Augenarzt. Im Gepäck: Einen zitternden Magen, in dem sich alle Zukunftssorgen und Fragezeichen eingenistet hatten. Ich ließ die Voruntersuchungen über mich ergehen und nahm dann auf dem Stuhl Platz, wartete atemlos auf die Untersuchungsergebnisse und das „Verdikt“ meines Arztes.

Heute sage ich: Ich war eher Opfer und weit weg von selbst-bewusst handelnder Sehheldin und Patientin.

Ich, die normalerweise immer eher zu gut vorbereitet ist, ging dort ohne jegliche Vorbereitung hin. Innerlich eingefroren und voller Angst. Ich habe mich nie gefragt, was ich anders machen könnte oder was ich tun könnte, um diesen schweren Termin für mich so leicht wie möglich zu machen.

Ich habe mich wie ein Kind verhalten, das sein Schicksal vertrauensvoll in die Hände eines Elternteils legt und nicht wie eine Erwachsene, die Verantwortung übernimmt.

Der Wendepunkt: Ein langes Gespräch mit einer Bekannten, die eine schwere Krebserkrankung durchlebt hat und für die auch jeder Arztbesuch ein Schreckenstermin war und ist dem schlaflose Nächte vorausgehen.

Die zentrale Idee: Übernehme Verantwortung, wo es möglich ist.

Tipps für deinen Arztbesuch oder warum es dir hilft, Verantwortung zu übernehmen

  • Du fühlst dich weniger schwach, denn du bleibst selbst-bewusst Handelnde. Aktiv, nicht passiv. Das macht stark!
  • Du hast eine viel größere Chance, mit den Antworten nach Hause zu gehen, die dir helfen.
  • Du sorgst für dich und machst dadurch das, was nicht leicht ist, für dich so gut wie möglich.

Bist du bereit? Dann lies weiter: Hier kommen von mir erprobte Tipps für deine Augenarztbesuche.

Tipp 1: Atmen, atmen, atmen: Atemübungen bei Stress und Angst

Wenn du wie ich zitternde Magenwände hast schon vor einem Augenarztbesuch und sicher währenddessen, dann hilft dir atmen.

Durch bewusste Atmung beruhigt sich dein Geist. Du signalisierst deinem System: Du darfst aufhören damit, flach zu atmen. Angst führt nämlich oft zur flachen Atmung und die verstärkt dann wieder deine Angst. Kein guter Kreislauf.

Hier findest du einige Atemübungen, die dir helfen können. Probiere es einfach aus.

Atmen passt nicht zu dir? Du kannst auch laut singen und im Wohnzimmer tanzen oder gegen einen Sandsack schlagen – Hauptsache, du hast ein Ventil. (Das ist nur schlechter in der Bahn und im Wartezimmer zu machen 😉

Tipp 2: Bereite drei Fragen vor

Du bist aufgeregt. Vielleicht hast du Glück und dein Augenarzt/deine Augenärztin nimmt sich Zeit. Vielleicht hast du nur einen getakteten Termin. Wenn du dann nicht vorbereitet bist, besteht die Gefahr, dass dir erst nach dem Termin einfällt, was du eigentlich hättest wissen wollen.

Überlege dir also in Ruhe vor dem Termin, was du wirklich verstehen möchtest.
Was du genau fragst, ist sehr abhängig davon, wie viel du schon weißt über deine Augenkrankheit und worüber du dir gerade Gedanken machst.

Beispielfragen:

  • Welche Untersuchungen bekomme ich und was wird durch sie deutlich?
  • Welche Prognose haben Sie für die Entwicklung meiner Augen?
  • Kann ich selbst etwas tun, um die Entwicklung positiv zu beeinflussen?
  • Raten Sie mir zu einer Brille oder Kontaktlinsen und warum?
  • Bei welchen Veränderungen muss ich sofort einen Augenarzt kontaktieren?
  • Wie schätzen Sie die Risikos einer Operation ein?
  • Gibt es noch etwas, was für mich wichtig wäre, zu verstehen? (Die Jokerfrage 😊)

Die „Gewissensfrage“ kann auch ein enorm hilfreicher „Joker“ sein: „Wenn Sie in meiner Situation wären, würden Sie die Operation (Behandlung) durchführen lassen?“

Spezialfrage: Kennen Sie sich aus mit meiner Erkrankung?
Ich habe gelernt, nach Erfahrung zu fragen, weil sich nicht alle Augenärzt*innen mit meiner Augenkrankheit, der hochgradigen Kurzsichtigkeit, optimal auskennen. Das kann schwerwiegende Einschätzungsfehler zum Beispiel für myopiebedingte Star-Operationen zur Folge haben. Frage also nach Erfahrungswerten, auch wenn dies etwas Mut erfordert. „Haben Sie Erfahrung mit Star-Operationen bei einer Netzhaut wie der meinen?“

Tipp 3: Gemeinsam zum Arzttermin

Seit einigen Jahren gehe ich, wenn irgend möglich, nicht mehr alleine zum Untersuchungstermin.

Ich habe das jahrzehntelang nicht gemacht, weil dieser Angsttermin doch irgendwie in mir als „Routine“ abgespeichert war. Darum nahm ich mich nicht wichtig genug. „Ich kann doch niemanden fragen, mich an einem Werktag zu begleiten“, redete ich mir ein und versuchte es noch nicht einmal.

Fragen kannst du immer – für dich! Schlimmstenfalls hat die andere keine Zeit.

Noch wichtiger ist es jetzt für mich, nicht alleine zu gehen, weil jedes Mal sehr anstrengende und emotional schlauchende Untersuchungen anstehen in der Universätsaugenklinik. (Beispiel: Perimetertest)

  • Es beruhigt mich, wenn ich weiß, ich kann, wenn ich möchte, auf dem Weg mit jemandem reden oder auch gemeinsam schweigen. Zu wissen: Ich bin nicht alleine.
  • Ich lasse meine Begleitung meine Fragen sehen und sie bekommt den Auftrag, mich zu erinnern, falls ich in meiner Aufregung etwas vergesse.
  • Mit weitgetropften Augen ist es eindeutig einfacher, nicht alleine nach Hause gehen oder fahren zu müssen.
  • Wir können nach dem Gespräch vergleichen, was wir verstanden haben und als wichtige Punkte herausgefiltert.
  • Nach dem Termin geht es mir meist nicht gut: Ich bin physisch und psychisch erschöpft. Dann finde ich es schön, nicht alleine zu sein.

Ich weiß: Es ist nicht immer möglich, eine Person zu finden, die Zeit hat und der du vertraust. Das geht mir auch so. Vielleicht kannst du dann ausmachen, dass du anrufen darfst vor und nach deinem Termin. Oder dass dich jemand abholt danach. Alles, was gut tut!

Tipp 4: Das Gespräch mit deinem Handy aufzeichnen (nach Absprache!)

  • Wichtig: Bevor du das tust, frage nach, ob du das Gespräch für private Zwecke aufnehmen darfst.
  • Ich erkläre, dass ich fürchte, dass ich nicht alles behalten kann. Dass ich außerdem oft erst im Nachhinein bemerke, dass ich etwas doch nicht richtig verstanden habe.
  • Dann lege ich mein Mobiltelefon gut sichtbar zwischen uns.

(Mit Dank an die Augenabteilung der Radboudklinik hier in Nimwegen (Niederlande), da steht der Tipp auf der Website)

Tipp 5: Zuhause ein fortlaufendes Arztprotokoll führen

Nach dem Termin schreibe ich mir die wichtigsten Punkte heraus in eine Art fortlaufendes Augenprotokoll.

Vorteile:
Ich bekomme einen Überblick über Veränderungen.
Alles steht an einem Ort.

Extra-Tipp für geschmeidige Kommunikation

Manchmal fühlt sich Kommunikation nicht gut an. Egal, wo und wann. Dann kann es auch eine Idee sein, einfach ganz direkt zu sagen: „Ich habe das Gefühl, dass unsere Kommunikation nicht so gut ist, wie sie sein könnte. Was könnte aus Ihrer Sicht der Grund dafür sein?“

Das ist so viel besser als ein Vorwurf, denn der treibt das Gegenüber nur in die Verteidigung. Ergebnis: Beide fühlen sich schlecht und ändern tut sich auch nichts. Probiere das doch einfach mal aus. (Und klar, das funktioniert nicht immer, auch das ist ja wie im normalen Leben. Aber Ausprobieren lohnt sich!)

Selbst-bewusst handeln – Sehheld*in sein!

Die SEHHELDIN ist keine Informationsbörse für Arztbesuche. Bei mir geht es um Haltung und um Selbst-Verantwortung.

Sehheldin Sein heißt: Verantwortung übernehmen für dein Leben. Sehheldin Sein heißt, immer zu schauen: Was kann ich tun in genau dieser Situation? Aufrecht. Selbstbewusst.

Anne Niesen – SEHHELDIN

Hier nochmal meine besten Tipps für deinen Augenarztbesuch:

  1. Wenn du Angst hast oder gestresst bist: Atemübungen
  2. Drei Fragen vorbereiten
  3. Gemeinsam zum Arzttermin gehen
  4. Gespräch aufnehmen
  5. Fortlaufendes „Augenprotokoll“

Zusatztipp: Direkt ansprechen, wenn du das Gefühl hast, dass etwas in der Kommunikation nicht glatt läuft.

Erzähle mir doch: Welchen Tipp willst du für dich ausprobieren? Hast du noch einen Tipp für die Community?

Skip to content